Brandon Q. Morris
Die letzte Kosmonautin
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»Die letzte Kosmonautin« von Brandon Q. Morris
Wir schreiben das Jahr 2029, und die DDR feiert ihren 80. Jahrestag. Die Kosmonautin Mandy Neumann befindet sich seit mehreren Wochen an Bord der Raumstation „Völkerfreundschaft“. Eigentlich wartet sie auf ihre Ablösung, doch als die ersten unerklärlichen Unfälle passieren, beschleicht sie der Verdacht, dass jemand ihre Mission sabotiert. Kurz darauf bricht der Kontakt zur Bodenstation ab, und sie muss um ihr Leben kämpfen.
Der einzige Mensch, der ihr dabei helfen kann, ist Tobias Wagner, ein Leutnant der Volkspolizei in Dresden. Er ist auf der Suche nach einem verschwundenen Physiker, der am Bau der Raumstation beteiligt war, und die Spur führt ihn in ein militärisches Sperrgebiet in der Lausitz. Schon bald gerät er in Konflikt mit seinen Vorgesetzten.
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Grundsätzlich finde ich es immer sehr löblich, wenn ein deutscher Science Fiction Autor seine Geschichten auch einmal in Deutschland spielen lässt. In diesem Fall in der DDR einer alternativen Zeitlinie. Gab es das eigentlich schon einmal? Dass die Namenswahl für seine Charaktere dann folgerichtig auch nicht bei John McQuade und Cynthia Hamilton landet, sondern, wie in diesem Fall, bei Tobias Wagner und Mandy Neumann, finde ich sehr begrüßenswert. Von daher hat Brandon Q. Morris alles richtig gemacht. Allerdings frage ich mich an dieser Stelle, warum er selbst nicht zu seinem deutschen Namen Matthias Matting steht und statt dessen auf einen amerikanisch klingenden zurückgreift. Eventuell liegt ja auch der gleiche Grund wie bei Walter Ernsting, aka Clark Darlton vor. Ist hier aber eher zweitrangig (wenn überhaupt).
So gesehen hat Hr. Morris alles richtig gemacht. Die Geschichte selber fängt wirklich gut an. Auch wenn ich im Westen aufgewachsen bin und so gesehen keine Vergleichsmöglichkeit habe, schildert Morris das Leben unserer zutiefst sozialistischen Brüdern und Schwestern genau so, wie ich es mir schon immer vorgestellt habe. Alles sehr korrekt und förmlich, das MfS immer als eine Art Big Brother im Hintergrund. Alles läuft mehr oder weniger nach Plan (kein Wunder, ist ja auch eine Planwirtschaft), die Devisen sprudeln dank eines angeblichen neu entdeckten riesigen Ölfeldes und zur Feier des achtzigjährigen Jahrestages darf die Kosmonautin Frau Neumann sogar die Kerzen an Bord der ersten deutschen Raumstation Völkerfreundschaft entzünden. Herrlich plakativ zwar, aber wohl auch mit einem Funken Wahrheit gespickt. Für die beiden Helden Tobias und Mandy hätte das eine schöne Zeit werden können, wäre nicht Tobias alte Liebe Miriam aufgetaucht. Diese sucht ihren Mann und alles was mit ihm im Zusammenhang steht, sorgt fortan bei den beiden Helden für lebensbedrohliche Probleme.
Bis etwa zur Mitte liest sich Die letzte Kosmonautin als ganz normaler Krimi / Thriller. Ein verschwundener Mann wird gesucht, an Bord einer Raumstation kommt es zu Problemen. Ganz normal, nix mysteriöses oder gar wirklich science fiction mäßiges. Dann allerdings nimmt das Buch eine recht eigenartige Wendung, die mir ehrlich gesagt nicht wirklich gefallen hat. Die Geschichte wird einfach nur abgedreht und ehrlich gesagt auch unlogisch. Hintergrund all dieser Probleme ist ein fehlgeschlagenes Experiment, dessen Auswirkungen die Verantwortlichen in Ost und West (sprich DDR und BRD) vertuschen möchten. Dafür sind sie bereit hart durchzugreifen und zu morden. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben, denn das wäre nur ein riesiger Spoiler. Auf das vorgenommene Experiment kann ich mich ja noch einlassen, die Folgen dieses Fehlschlages sind aber so abgedreht, dass sie mir einfach nur an den Haaren herbeigezogen vorkommen. Und das ist schade.
Man muss sich das mal vorstellen: Eine Zone in der die Grenzen von Raum und Zeit irgendwie instabil geworden sind. Um diese Zone zu beschützen, ist man bereit zu töten – auch gänzlich unschuldige. Wie wird diese Zone also beschützt? Diese ungemein wichtige Zone. Nun, man schafft eine Nebelwolke über dem Gebiet, damit man nicht von oben draufgucken kann und setzt als Außerirdische verkleidetet Schauspieler ein, um Neugierige am Boden fernzuhalten. Nun, es gibt zwar noch einen Elektrozaun, aber das war es dann auch schon groß. Wen wundert es daher, dass sowohl Tobias wie auch Miriam problemlos da rein- und rausspazieren können. Dem ganzen wird aber noch eine Krone aufgesetzt: Während man die unschuldige und ABSOLUT ahnungslose Kosmonautin Mandy (die irgendwo in einer Raumstation die Erde umkreist) umbringen möchte (warum eigentlich? Weil sie etwas mitbekommen haben KÖNNTE?), gestattet man den Männern, die nichts als Probleme gemacht haben und, im Fall von Tobias, sogar in die Zone eingedrungen und somit hinter das Geheimnis gekommen sind, einfach so ihr Leben weiter zu leben. Frei nach dem Motto „die werden ja wohl hoffentlich nichts verraten“. Nur, nach dem gleichen Motto hätte man ja auch bei Mandy Neumann verfahren können. Die wollte man aber doch lieber umbringen.
Außerdem, wo ich schon mal dabei bin, wäre es nicht einfach mal sinnvoll gewesen, wenn die Männer des Zentralinstitutes für Landschaftsplanung es in Erwägung gezogen hätten, wenn sie Miriam reinen Wein in Bezug auf den Verbleib ihres Mannes eingeschenkt hätten? Ein einfaches „er hatte leider einen diabetischen Schock und ist daran gestorben“, wäre um so viel unverfänglicher gewesen als stattdessen die Schotten dicht zu machen und Miriam erst zu ihrer epischen Suche anzuspornen. Wie gesagt, für mich hat diese Geschichte einfach zu viele Ungereimtheiten und Logiklöcher. Vielleicht hätte Morris einfach auf den ganzen Schmu mit den Auswirkungen des Experimentes verzichten und sich auf einen netten Near Future Thriller besinnen sollen.
Wie auch bei den letzten beiden Büchern die ich von Morris gelesen habe, erzählt er die Geschichte in der Gegenwartsform. Für mich zwar immer etwas gewöhnungsbedürftig, aber dennoch in Ordnung. Die beiden Hauptcharaktere Mandy und Tobias sind durchwegs sympathisch, auch Nebencharaktere wie Hardy, Matze und Miriam werden nachvollziehbar geschildert. Wenn ich mir das genau überlege, gibt es eigentlich keinen wirklichen Antagonisten. Die Personen, die im Buch agieren, sind durchaus nicht unsympathisch. Selbst S1 und Tobias‘ Vorgesetzter sind nicht wirklich übel, die haben zwar manchmal komische Ansichten, aber die habe ich beizeiten auch, wie man mir glaubhaft versichert hat.
Das Setting der Geschichte finde ich wunderbar. Die DDR in einer alternativen Zeitlinie. Wann gab es das schon mal? Man merkt dem Autor an das er ein Kind der DDR ist und er darum weiß wovon er schreibt. All diese ganzen Begriffe und Beschreibungen schaffen durchaus ein feeling, das mir nicht unvertraut ist. Wie gesagt, ich bin im Westen geboren, habe aber viele EX-DDR Bürger in meinem Bekanntenkreis und unter meinen Arbeitskollegen. Also, ich fand das daher echt stimmig und es hat mir wirklich gut gefallen. Es wäre sogar vorstellbar, dass Morris ein weiteres Buch in dieser alternativen Zeitlinie spielen lässt. Dann könnte man sich möglicherweise mit den Auswirkungen der Zone beschäftigen. Mir würde es gefallen.
Fazit
Auch wenn es ziemliche Ungereimtheiten und Logiklöcher gab, hat mich das Buch dennoch recht gut unterhalten. Kurzweilig und spannend, ein tolles Setting, sympathische Charaktere und Abenteuer auf der ersten deutschen Raumstation. Ich kann das Buch durchaus empfehlen.