Ursula K. Le Guin Hainish Zyklus
Grenzwelten
Buchlisten
»Grenzwelten« (Hainish Zyklus) von Ursula K. Le Guin
Klappentext:
Zwei große SF-Romane von Ursula K. Le Guin in vollständiger Neuübersetzung.
Ursula K. Le Guins visionäre Hainish-Romane, die davon erzählen, wie die Menschheit ferne Planeten besiedelt, haben die Landkarte der modernen Science Fiction neu entworfen. In "Das Wort für Welt ist Wald" versklaven Kolonisten einen ganzen Planeten, um sich seiner Ressourcen zu bemächtigen – doch die Waldbewohner wissen sich zu wehren. "Die Überlieferung" ist die erschütternde Geschichte einer Gesellschaft, die ihr kulturelles Erbe unterdrückt hat.
Die Neuübersetzung von Karen Nölle zeigt erstmals Le Guins ganze sprachliche Meisterschaft.
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Es fällt mir recht schwer zu dem Buch eine Bewertung abzugeben und ich habe lange überlegt, ob ich das überhaupt machen soll, denn zu beiden Geschichten habe ich keinen wirklichen Zugang gefunden. Ich habe sie zwar gelesen, konnte aber, wenn ich ehrlich sein soll, nichts damit anfangen. Da es sich jedoch um ein Rezensionsexemplar gehandelt hat, befinde ich mich in einer Bringschuld dem Verlag gegenüber. Daher habe ich mich deshalb doch entschlossen, etwas zu dem Buch zu schreiben. Mit den Geschichten von Frau Le Guin hatte ich schon immer leichte Schwierigkeiten. Die linke Hand der Dunkelheit , von vielen hochgelobt, war für mich genau genommen ein Reinfall, lediglich Freie Geister (habe ich hier auch besprochen) hat mich zumindest ansatzweise überzeugt. Offensichtlich ist das Untergenre -Social fiction - für mich nicht so der Brüller. Ich brauche mit Sicherheit kein Geballer oder Sex oder ähnliches in den Geschichten, aber so ein Geschwurbel wie in dem vorliegenden Buch halt auch nicht.
Grenzwelten enthält zwei Geschichten. Einmal Das Wort für Welt ist Wald und den etwas längeren Roman Die Überlieferung , auch unter dem Titel Die Erzähler im Heyne Verlag veröffentlicht. Beide Bücher gehören in das sogenannte Hainish Universum.
Roman 1
Welt 41 ist eine terranische Kolonie, ein Planet voller Wälder auf dem die menschenähnlichen Ureinwohner ein friedvolles Leben führen und sich ihren Träumen hingeben. Diese Idylle wird jäh unterbrochen, als die Menschen einen Stützpunkt auf dem Planeten errichten um das für sie so wertvolle Mineral namens Holz abzubauen. Was nichts anderes heißt, als die Bäume zu fällen, die Ureinwohner als Sklaven zu halten und ihre Frauen zu vergewaltigen. Anfangs geschieht dies ohne Gegenwehr, jedoch ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem einer der Eingeborenen, Selver, zum Widerstand aufruft und mit seinen Mitstreitern systematisch beginnt, die Camps der Menschen zu überfallen und die Männer und Frauen zu massakrieren. Sein großer Widersacher ist Captain Davidson, ein brutaler und uneinsichtiger Unterdrücker. Zwischen den beiden versucht Dr. Lyubov zu vermitteln, der einzige Mensch, der von den Eingeborenen geschätzt und geachtet wird.
Tja, was ersteinmal recht interessant und spannend klingt, hat sich für mich dann doch im Laufe des Lesens relativiert. Die Story an sich ist natürlich gar nicht so weit hergeholt, sind wir doch gerade selber dabei unsere Wälder abzuholzen und die darin lebenden Ureinwohner zu vertreiben oder zu töten. Ein schöner Mahagony Schreibtisch ist natürlich wichtiger als die Lunge unseres Planeten zu erhalten. Von daher steht die Geschichte auf Welt 41 wohl eher für unsere eigenen Probleme. Das dieses Buch im Jahr 1972 den Hugo Award gewonnen hat ist daher nicht verwunderlich.
Was mich an dieser Geschichte enorm gestört hat, ist die für mich absolut emotionslose Erzählweise (ja, genau). Werden viele vermutlich nicht nachvollziehen können, aber mich hat es hat gestört. Ich konnte überhaupt keine emotionale Bindung zu irgendeiner Figur aufbauen, selbst Selver, blieb mir fremd. Für mich ist die Geschichte mehr oder weniger runtergeschrieben, die Charakter sind viel zu eindimensional, insbesondere Captain Davidson, der einfach nur böse ist. Warum das so ist, erzählt die Autorin in dem Vorwort, allerdings kann mich das alles nicht so wirklich überzeugen. Alles kommt viel zu kalt und nüchtern herüber. Das ganze kommt mir eher wie ein unpersönlicher Bericht vor, statt einer berührenden und betroffen machenden Geschichte. Aber wer weiß, vielleicht war das ja genau die Absicht der Autorin.
Vieles ist einfach nur plakativ und überzeichnet an der Geschichte. Nicht nur Davidson ist böse, eigentlich alle menschlichen Siedler (Lyubov mal außenvor gelassen), allein die Anwesenheit der Menschen auf dem Planeten korrumpiert bereits die Ureinwohner. Diese Geschichte hat für mich mehr moralische Zeigefinder als ihr gut tut. Le Guin hat hier Geschütze mit so großem Kaliber aufgefahren, damit aber auch jeder Leser ihre moralische Entrüstung mitbekommt. Und das mag ich nicht. Ich mag es nicht von einem Autor oder einer Autorin so beeinflusst oder belehrt zu werden. Daher kann ich zu der Geschichte nur sagen: Sehr wichtiges Thema, für MICH aber eine miserable Umsetzung. Es gibt mehr Farben als schwarz und weiß!
Roman 2
Die Terranerin Sati wird im Auftrag des Ekumen auf die Welt Aka geschickt um sich über das Leben, die Sitten, die Gebräuche und die Geschichte der Einwohner einen Überblick zu verschaffen. Ihr Chef ist der Terraner Tong Ov, der in Dovza Stadt lebt (in der das Ekumen eine Dienststelle hat), und dem Sati ab und an Bericht erstattet. Das Leben auf Aka hat sich in all den Jahren, nachdem ein terranisches Raumschiff dort gelandet ist, sehr verändert – ja genaugenommen sogar ins Gegenteil verkehrt. Es hat einen Schnitt zwischen ihrer Vergangenheit und dem momentanen Leben gegeben, hervorgerufen durch die Intervention der Terraner. Man hat sich quasi den „terranischen way of life“ zum Vorbild genommen und die alten Werte und das alte Leben über Bord geworfen. Man versucht quasi die eigene Vergangenheit auszulöschen. Die Bewohner, die sich nicht damit abgefunden haben und noch die alten Werte und Traditionen hochhalten, werden verfolgt und in Umerziehungslager gebracht. Da Bücher systematisch vernichtet werden um die Vergangenheit auszulöschen, gibt es Geschichtenerzähler, die allen, die es noch hören möchten, mündlich die alten Geschichten weitererzählen. Auf dem Berg Silong, der Staatsmacht verborgen, existiert eine letzte große Bibliothek. Ein geheimer Ort, deren Zugangswege nur Eingeweihten bekannt ist, wird von Sati aufgesucht, damit sie auch die letzten Geheimnisse von Aka lesen und, so hofft man, für die Nachwelt retten kann.
Auch hier klingt die Inhaltsangabe relativ spannend. Eine strenge und unbarmherzige Regierung und Revoluzzer, die in geheimen Bibliotheken Geschichten der Vergangenheit erzählen. Fakt ist aber: Dieses Buch war für MICH einfach nur absolut langweilig. Sorry wenn ich das so schreibe. Seitenweise Geschwafel über Sitten, Riten und Gebräuche. Sati geht hierhin, redet mit dem, geht dorthin, erlebt das. Nimmt an Diskussionen teil, die sich immer um den gleichen Sermon drehen. Geschichtenerzähler hier, Geschichtenzuhörer dort, Gymnastikübungen mit Gruppensitzung, jede Menge langweiliges Zeug, Erklärungen und Erzählungen, ich habe mich Seite für Seite durch diese Geschichte quälen müssen.
Gespickt mit Namen die ich mir irgendwann nicht mehr merken konnte - und es auch nicht mehr wollte. Das war ein Soziologiebericht par excellence, aber absolut nichts, bei dem ich mitfiebern konnte. Der einzige Abschnitt der mir noch relativ gut gefallen hat, spielte gegen Ende der Geschichte. Da wurde es dann etwas interessanter. Sati unterhält sich mit Yara, dem Monitor (so eine Art Polizeibeamter) der Regierung. Hier bekommt die Geschichte zum ersten Mal etwas „Fleisch“ für mich. Der Dialog war interessant, aber leider viel zu kurz. Man erfährt Satis Geschichte und nicht nur die von Yara, sondern bekommt auch Einblick in das, was nach dem Kontakt des Planeten mit den Terranern geschehen ist - warum auf Aka die Vergangenheit ausgelöscht werden soll. Es erfolgt eine Konfrontation, eine Gegenüberstellung beider Seiten, beider Ansichten. Nur, zu dem Zeitpunkt war ich mit dem Buch leider schon bedient und einfach nur froh, dass die Geschichte vorbei war.
Fazit
Wenn ich mir die Rezis anderer zu den beiden Bücher anschaue, sehe ich, dass sie den Nerv vieler Leser getroffen haben. Und wenn sie von so vielen gelobt und mit einem Preis ausgezeichnet wurden, können sie ja nicht wirklich schlecht sein. Meinen Nerv haben sie jedoch nicht getroffen. Das ist aber OK, denn die Geschmäcker sind verschieden. Und das ist auch gut so. Ich lese gerne Space Operas, Zeitreisegeschichten, SF Thriller, ja, auch gerne Military Geschichten. Das vorliegende Buch ist nichts davon. Social fiction ist einfach nicht mein Ding. Von daher bewerte ich einfach mal relativ neutral, mit Sicherheit besser, als ich es eigentlich getan hätte. Aber die Intension hinter den Geschichten von Frau Le Guin finde ich durchaus lobenswert. Sie macht sich Gedanken, prangert schlechte Entwicklungen an und sorgt sich um die Zukunft. Das finde ich gut, sehr gut, möchte es aber in dieser Art und Weise wie im vorliegenden Buch, eher nicht lesen. Daher (viel zu gut gemeinte) zweieinhalb Sterne.