Peter F. Hamilton
Die Dämonenfalle
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»Die Dämonenfalle« von Peter F. Hamilton
Mit seiner Kurzgeschichtensammlung Die Dämonenfalle (Original Manhattan in Reverse) beweist der sympathische Brite Peter F. Hamilton zum zweiten Mal, dass er nicht nur lange und ausschweifende Geschichten erzählen kann, sondern es auch versteht, eine Story kurz und bündig auf den Punkt zu bringen. Etwas, dass wie er im Vorwort selber zugibt, zwar extrem selten ist, aber dennoch hin und wieder vorkommt. Der vorliegende Band beinhaltet sieben Geschichten, die alle nach 1998 verfasst und, bis auf eine, bereits in anderen Magazinen und Anthologien veröffentlicht wurden.
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In Den Bäumen beim Wachsen zusehen entführt uns Hamilton in ein alternatives Oxford und zeigt ein England, wie es wohl aussehen könnte, wenn das Römische Reich seine Zeit überdauert und sich in Europa fest etabliert hätte. England wird von einzelnen Familienclans beherrscht, deren Mitgliedern eine Art angezüchteter Langlebigkeit zuteil wurde. Diese Langlebigkeit kommt Edward Raleigh zugute, der im Jahr 1832 einen Mord an einem Verwandten aufklären soll. Dies entpuppt sich jedoch als außerordentlich schwierig, da alle Tatverdächtigen ein Alibi haben. Also bleibt Edward nichts anderes übrig also so lange mit der Aufklärung zu warten, bis die Zeit und die technischen Errungenschaften die Möglichkeiten einer vollständigeren und umfassenderen Aufklärung bieten. So vergehen rund 200 Jahre, bis Edward endlich den Täter überführen kann.
Wem das bekannt vorkommt, der hat sich nicht geirrt. Die Geschichte wurde bereits 2003 in der Anthologie Unendliche Grenzen von Peter Crowther veröffentlicht. Für Leser, die diese Geschichte bereits kennen, ist das ein bisschen ärgerlich, denn mit rund 125 Seiten ist sie die längste im Buch. Somit hat man, ohne auch nur ein Wort gelesen zu haben, bereits über ein Drittel des Buches hinter sich. Die Story selber ist sehr interessant und bietet nicht nur eine schöne Kriminalgeschichte, sondern gleichzeitig auch einen Streifzug durch die Jahrhunderte. Immer wieder, wenn sich die Technik nach Jahrzehnten weiterentwickelt hat, rollt Edward den Fall neu auf und versucht den Täter zu überführen. Jagt er den Mörder anfangs nur auf der Erde, so muss er im Lauf der Jahre seine Suche auch auf unser gesamtes Sonnensystem und später auch in die weiten des Kosmos ausdehnen.
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Abstimmung mit den Füßen beinhaltet anscheinend ein Lieblingsthema von Hamilton, Wurmlöcher. Auch wenn dieses hier nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist es doch der Auslöser für die folgenden Ereignisse. Bradley Ethan Murray ist es in eigener Regie gelungen ein Wurmloch zu öffnen und zu stabilisieren. Er bietet allen Unzufriedenen nun die Möglichkeit, durch das Wurmloch auf den Planeten New Suffolk auszuwandern, England hinter sich zu lassen und neu zu beginnen. Die Liste der Voraussetzungen, die dafür erfüllt sein müssen, sind lang und eigenartig. Collin und seine Verlobte Olivia möchten diesen Schritt wagen, Collins Ex-Frau hingegen ist davon weniger angetan.
Bereits die zweite Geschichte im Buch die Hamilton in seiner Heimat England spielen lässt. Die Idee ein Wurmloch zu öffnen und in eine neue Welt zu reisen ist verlockend und bietet viel Spielraum für eine interessante Geschichte. Allerdings plätschert sie ein wenig vor sich hin. Es fehlt der Clou am Ende, der Aha-Effekt, der das ganze zu einer erinnerungswerten Geschichte macht. Auf das Wurmloch oder das Ziel der Reise, New Suffolk, geht Hamilton leider nicht mehr weiter ein. Das Zusammentreffen aller Personen am Ende ist zwar nett, aber zu zufällig um wirklich überraschen zu können. Hier hätte man mehr draus machen können.
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Auf ein Neues… ist eine Zeitreise- und Parallelweltgeschichte in der sich der Protagonist David Lanson, Beamter der Metropolitan Police, ganz gehörig verrechnet. Aus dem anfänglichen Stalker Fall entwickelt sich eine beängstigende Möglichkeit die so absurd ist, dass Davids Kollegen nur den Kopf schütteln können. Wäre David nicht so leicht zu überzeugen gewesen und nicht so darauf fixiert den wahren Übeltäter dingfest zu machen, hätte er sich sein schreckliches Ende ersparen können.
Eine schöne Geschichte, die sich nicht nur für den Protagonisten, sondern auch für den Leser in eine vorher nicht abzusehende Richtung entwickelt. Auch die abstrusesten Geschichten können offensichtlich einen wahren Kern beinhalten. Man fragt sich, wer denn nun das wirkliche Opfer ist. Marcus Orthew, der einfach nur reich werden will oder der Stalker Toby Jensen der lediglich nur seinen Teil vom Kuchen abbekommen möchte oder doch David Lanson, der das alles irgendwie ausbaden muss. Auf jeden Fall bietet Hamilton eine gelungene Geschichte und zeigt eine Möglichkeit auf, wie man als Zeitreisender in verschiedenen Welten immer oben dabei sein kann.
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In Das ewige Kätzchen übertritt ein namentlich nicht genannter Wissenschaftler, bei seinem Versuch ein Stasisregenerationsverfahren zu entwickeln, einige Bestimmungen. Eine Ethikkommission will ihn dafür ins Gefängnis schicken, was jedoch sein Geldgeber zu verhindern weiß. Dieser ist an der Perfektion des Verfahrens, mit dessen Hilfe man die Entwicklung eines Lebewesens in einem bestimmten Alter einfrieren kann, so das es nicht mehr altert, nicht ohne Grund brennend interessiert.
Eine beängstigende Geschichte, in der man sich fragt, ob alles wozu die Wissenschaft fähig ist auch wirklich wünschenswert ist. Das Gefahrenpotenzial das entsteht, wenn diese Wissenschaft in die falschen Hände gerät, ist enorm. Auch hier offenbart Hamilton erst ganz zum Schluss worauf die Geschichte tatsächlich hinausläuft, welche mönströse und unfassbare Tat, kurz davor steht durchgeführt zu werden.
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Wenn Engel reisen erzählt die Geschichte der Jugendlichen Imelda auf dem Planeten New Helsinki. Dort traf vor einiger Zeit ein Angel ein, ein Higher-Lebewesen vollgepackt mit Biononics, ähnlich kleinen Nanobots die dem Träger eine Quasi-Unsterblichkeit verleihen. Überzeugt davon etwas Gutes zu tun, versucht der Angel Menschen (den Advancern) auf New Helsinki mit den Biononics zu infizieren. Imelda ist eines seiner „Opfer“.
Eine interessante Geschichte mit einem typischen Hamilton-Thema und einem bitterbösen Ende. Ein Schwachpunkt ist für mich, dass es im Unklaren bleibt warum der Angel, obwohl er von der Richtigkeit seiner Tat überzeugt ist, auch gegen den Willen der Bewohner von New Helsinki handelt. Er bezeichnet seine Widersacher als ignorant, da sie seine Ansicht nicht teilen wollen, ist aber selbst keinen Deut besser. Ein weiterer Schwachpunkt ist das Ende, obwohl genau dieses jedoch der Clou sein soll. Auch wenn Erik die Schwestern optisch nicht auseinander halten kann, so war ihm jedoch klar, dass er mit beiden geschlafen hat. Eine Tatsache, die Paul nicht hätte übersehen können, die jedoch gleichzeitig dann das vorliegende Ende in der Ausführung verhindert hätte.
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Mit Die Dämonenfalle taucht Hamilton wieder in das bekannte Commonwealth Universum ein. Investigator Paula Myo bekommt den Auftrag, ein Attentat zu untersuchen. Sie findet zwar den Täter und kann ihn der Gerichtsbarkeit zuführen, jedoch bleiben seine Hintermänner im Dunkeln. Etwas, das Paula so nicht hinnehmen kann. Zusammen mit Nelson Sheldon macht sie sich auf die Suche nach den Auftraggebern.
Es macht immer wieder Spaß Paula, bei ihren Bemühungen Gerechtigkeit walten zu lassen, zu begleiten. So auch im vorliegenden Fall. Die Suche nach dem Attentäter geht dabei leicht von der Hand, die Suche nach den Hintermännern gestaltet sich da schon schwieriger, denn diese sitzen nicht nur außerhalb des Commonwealth, sondern gleichen sich zudem noch wie ein Ei dem anderen. Falsche Erinnerungen, Klonkörper und die Human Structure Foundation machen diesen Fall zu einer harten Nuss für Paula Myo.
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Paula Myo zum zweiten. Auch in der letzten Geschichte Ein ganz großer Deal ist Investigator Myo wieder die Hauptperson. Sie wird von keinem geringeren als Admiral Wilson Kime gebeten den Planeten Menard zu besuchen um herauszufinden, warum die primitiven einheimischen Onids auf einmal die dort lebenden Menschen angreifen.
Diese Geschichte liest sich zwar recht unspektakulär, die Auflösung ist auch nicht besonders spannend oder überraschend, aber man trifft eben die alten Bekannten aus der Commonwealth Saga wieder – und das hat ja durchaus etwas. Neben Paula hat auch Wilson Kime seinen (Kurz-)Auftritt. Die Geschichte spielt kurz nach dem Starflyer Krieg und die Bewohner von Menard entpuppen sich als Überlebende der Lost 23 Welten. Da nach dem Verlust so vieler Welten die Flüchtlinge schleunigst irgendwo untergebracht werden mussten, landeten viele auf Menard. Die einheimischen Onid, die als Tiere angesehen wurden, entpuppen sich nun als doch nicht so tierisch und scheinen es auf die dort lebenden Menschen abgesehen zu haben. Durch Logik und Nachdenken kommt Paula dem Rätsel auf die Spur und kann den nicht sonderlich schwierigen Fall lösen.
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Fazit:
Neben Zweite Chance auf Eden (Original A second chance at Eden) kann hier Peter F. Hamilton seinen Kritikern wiederholt beweisen, dass er auch „kürzer" kann. Die sieben Geschichten sind abwechslungsreich und führen den Leser oftmals in die schon bekannten Universen. Hamilton entpuppt sich als versierter Erzähler, der, wenn die Geschichte auf der Erde spielt, seinem Heimatland treu bleibt. Für alle, die auch seine erste Kurzgeschichtensammlung mochten, kann man auch hier getrost eine Leseempfehlung aussprechen. Für alle anderen übrigens auch.