Markus K. Korb Edgar Allan Poe´s Phantastische Bibliothek 1
Grausame Städte
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»Grausame Städte« (Edgar Allan Poe´s Phantastische Bibliothek 1) von Markus K. Korb
Phantastik Autoren deutscher Zunge, die den internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauchen sind rar gesät. Kai Meyer, Malte Sembten, Michael Siefener, Boris Koch und Andreas Gruber sind hier zu nennen. Auch Markus K. Korb hat immer wieder phantastische Werke publiziert. Neben seiner Tätigkeit als kundiger Rezensent wusste er als Autor der Anthologie TRÄUME VOM ABGRUND (Rough Art Verlag) ebenso zu überzeugen, wie mit der von ihm initiierten und herausgegebene Anthologie JENSEITS DES HAUSES USHER (Blitz Verlag). Letztere offenbarte seine Hingabe an das Oeuvre Edgar Allan Poe´s und es gelang ihm, den Verlagsinhaber eine eigene Reihe mit Büchern im Stil Poe´s schmackhaft zu machen. Markus K. Korb teilt uns hierzu mit, dass in dieser Reiche inländische, wie ausländische Autoren publiziert werden, die einen inneren Bezug zu Poe´s Gedankenwelt haben. Poe´sche Motive sollen aufgegriffen, aber eigenständig variiert und innovativ weiterentwickelt werden. Ein wahrhaft hehres Ziel, das sich der Verlag und sein Herausgeber hier gesetzt haben.
Schauen wir uns das erste Buch der neuen Reihe einmal an. Rein äusserlich kommt es uns im gewohnten Blitz-Paperbackformat entgegen, das Titelbild schmückt seine stimmungsvolle Zeichnung von Mark Freier, die Innenillustrationen sind von Gustav Wölkl.
Neben dem passenden Logo der Reihe fiel mir auch sofort die gegenüber den anderen Titel wesentlich bessere Papierqualität des Buches ins Auge. Man kann sich als Freund des Buches nur wünschen, dass Jörg Kaegelmann auch bei seinen anderen Reihen bald wieder auf eine etwas bessere Papierqualität setzen wird.
Inhaltlich ist das Buch in zwei Zyklen aufgespalten, und mit einem interessanten Nachwort von Eddie M. Angerhuber versehen.
Die ersten vier Geschichten spielen in Venedig, die vier restlichen Erzählungen in Berlin. Beide Themenbereiche bieten uns als Aufgangsbasis ähnliche Plots an. Eddie Angerhuber hat dies in ihrem Nachwort treffend wie folgt zusammengefasst: „Beide Zyklen sind horizontal nach dem gleichen Schema aufgebaut. In der ersten Erzählung verfällt der Ich-Erzähler dem Wahnsinn, in der zweiten leidet er an geistiger Verwirrung. In der dritten ist das Motiv Realitätsverlust und in der vierten geht es um Expeditionen ins Unbekannte – nach unten, in die Tiefen des Unbewussten“ (vgl. Seite 155).
Obzwar der Autor uns seine Zyklen als urbane Handlungsorte präsentiert, stehen nicht unbedingt die Städte selbst im Mittelpunkt der Geschichten, Korb legt sein Augenmerk deutlich auf seine Personen. Der urbane Moloch Berlin´s, die untergehende, dem Verfall oftmals preisgegebene Stadt der Gondeln, sie dienen nur als stimmige Kulisse seine düsteren Handlungen. Einen Triumph wird der Leser hier vergeblich suchen, mit seinen Protagonisten nimmt es ein böses Ende.
Von den insgesamt acht Kurzgeschichten haben mich zwei besonders berührt.
In DAS IKARUS PRINZIP will ein alternder Dieb aus einem der Venezianischen Dogenpaläste ein Juwel rauben, und verfällt dem uralten Fluch des Hauses. Er wird in die glorreiche Vergangenheit des Anwesens versetzt, nur um letztlich ein tragisches Ende zu finden.
In TIEF UNTEN sucht ein Caver nach einem alten Nazischatz in einem vergessenen Bunker. Nach seinem gefahrvollen Weg tief unter der Hauptstadt durch das Labyrinth der verlassenen, längst vergessenen Bunkeranlagen findet er nicht nur den einsatzbereiten Prototyp einer V 3, sondern auch altnordische Götter, die Götterdämmerung naht.
Beide Stories zeichnen sich durch eine besondere atmosphärische Intensität aus. Zunächst in der scheinbar so fest gefügten Realität fussend, entwickelt sich die Handlung immer mehr zu einem Alptraum, der sich dem jeweiligen Protagonisten langsam erschliesst. Was als zwar gefährliches, aber spannendes Abenteuer begann, das gleitet mehr und mehr ab ins Unwirkliche mit einem grausamen Ende. Hier gelang es dem Autor mich zu bannen und mit dem jeweils überraschenden Schluss zu verstören.
Alles in Allem ein gelungener Auftakt, der Appetit macht auf mehr entsprechenden Lesestoff.