•  
    Leseliste
  •  
    Vogemerkt
  •  
    Rezension
  •  
    Gelesen
  •  
    Neu

Katie Kacvinsky

Die Rebellion der Maddie Freeman


 
»Die Rebellion der Maddie Freeman« von Katie Kacvinsky


Besprochen von:
 
D. Eisenhart
Deine Wertung:
(2)

 
 
Amerika, 2060: Maddie ist 17 Jahre alt und lebt noch bei ihren Eltern. Die Zeiten haben sich ziemlich geändert, das ganze Leben der Menschen spielt sich nur noch online ab. Ein Spaziergang im Grünen? Ein Sonnenuntergang am Strand? Ein Date mit einem Mitschüler? All das findet im Netz statt, man verlässt kaum noch das Haus. Kinder und Jugendliche tun das nicht mal mehr, um die Schule zu besuchen, auch die absolviert man alleine, online in seinem Kinderzimmer - das neue Schulsystem, das erst vor einigen Jahren eingeführt wurde, nennt sich "Digital School".
Maddie ist eigentlich ganz zufrieden mit diesem Leben, auch wenn sie manchmal denkt, dass es da doch noch mehr geben muss. Als sie Justin kennenlernt, schafft er es, sie zu einem "richtigen" Treffen zu überreden - draußen, in der realen Welt. Dadurch ändert sich Maddies Leben radikal, sie begreift, dass sie das echte Leben verpasst und dass sie das letzte bisschen Freiheit verloren hat, als sie sich vor zwei Jahren gegen ihren Vater, den Erfinder und Leiter der Digital School, gestellt hat. Erneut leistet sie Widerstand, aber diesmal an Justins Seite...

Ich bin durch eine Leseprobe des Lübbe-Verlages auf dieses Jugendbuch aufmerksam geworden und fand die ersten Kapitel sehr gut - so gut, dass ich mir das Buch in der Bücherei besorgt habe, um es ganz zu lesen. Leider entwickelte sich Die Rebellion der Maddie Freeman für mich aber zu einer großen Enttäuschung, das Buch konnte bei weitem nicht halten, was die Leseprobe versprochen hat.

Man hätte aus dem Thema unheimlich viel herausholen können und Ansätze dazu gab es auch am Anfang. Schließlich ist die Digital School nicht das einzige Problem, das die Menschen im Jahr 2060 haben. Auch die Erwachsenen verlassen ihre Häuser kaum mehr und erschrecken sich, wenn es an der Tür klingelt, weil man an Besucher einfach nicht mehr gewohnt ist. Die künstliche Online-Welt entstand aus einem großen Bedürfnis nach Sicherheit und entwickelte sich für das Individuum zu einem goldenen Käfig, ohne dass dies den Menschen bewusst wird. Jeder ist absolut gläsern und kann lückenlos überwacht werden - zumindest solange er online ist, was bei den meisten in jeder Sekunde des Tages der Fall ist.
Aber schon nach wenigen Kapiteln wurde das alles in den Hintergrund gedrängt, und die Handlung drehte sich fast ausnahmslos nur noch um die beginnende Romanze zwischen Maddie und Justin. Man darf das jetzt nicht falsch verstehen: Ich habe im Grunde nichts gegen Liebesgeschichten, die nebenbei erzählt werden. Aber ich mag keine Liebesromane, die ausschließlich um dieses Thema kreisen, weil ich das unheimlich langweilig finde - und das Buch hat sich definitiv in einen solchen verwandelt. Da Maddie auch noch als Ich-Erzählerin fungiert, bekommt man ihre Teenie-Schwärmerei für den unglaublichen Justin auch noch völlig ungefiltert ab. Als ich zum gefühlten fünfzigsten Mal gelesen habe, was Justin doch für unheimlich tolle braune Augen hat und wie sich die Atmosphäre im Raum verändert, wenn er ihn betritt, war für mich die Schmalz-Grenze bereits weit überschritten.

Dazu kommt dann noch, dass Maddie definitiv eine "Mary Sue" ist: Sie beschreibt sich zwar als durchschnittlich, aber alle anderen, natürlich besonders die Jungs, finden sie wunderschön. Sie ist hochintelligent, hat super Noten, einen untrüglichen moralischen Kompass und immer wieder weist die Autorin daraufhin, dass sie die einzige ist, die den Widerstand zum Erfolg führen kann (warum eigentlich? Auf die konkrete Begründung wartet man leider vergeblich). Kurz und gut, sie hat nicht eine einzige negative Eigenschaft.
Und Justin ist genauso unerträglich perfekt, stellt immer das Wohl der Allgemeinheit über sein persönliches und weicht niemals von seinem Ziel ab. Dafür bleiben alle anderen Charaktere völlig eindimensional, besonders die anderen Mitglieder des Widerstandes - man kann sie kaum auseinanderhalten. Wenn mal wieder von einem die Rede war, musste ich jedesmal überlegen, wer das ist und welche Rolle er spielt. Wobei die Frage nach der Rolle im Grunde bei allen leicht beantwortet ist: Sie sind nichts weiter als Statisten und Stichwortgeber für ihren "Anführer" Justin.

Mir ist natürlich bewusst, dass es sich bei diesem Buch um ein Jugendbuch handelt und man hier andere Maßstäbe anlegen muss, als bei einem Buch für Erwachsene. Trotzdem finde ich es sehr schade, dass die Verlage anscheinend denken, dass Jugendliche sich nur dann für Bücher interessieren, wenn es sich um eine Teenager-Schmonzette im Bella-und-Edward-Stil handelt (in diesem Fall zwar ohne Vampire und in der Zukunft, aber unter dem Strich ist es trotzdem dasselbe).
Besonders enttäuschend war es für mich, weil sich diese Entwicklung weder anhand des Kurztexts noch anhand der Leseprobe absehen ließ. Bei Bella und Edward wusste man wenigstens, worauf man sich einlässt.

Mich hat nur das erste Viertel des Buches gefesselt, weil ich mir diese "neue Welt" wirklich gut vorstellen konnte. Danach fand ich die Handlung zunehmend langweiliger und nichtssagender, weil der Alltag und die Probleme im Jahr 2060 zur Nebenhandlung degradiert wurden. Trotzdem habe ich mich bis zum Ende durchgequält, gelohnt hat sich das aber leider nicht.
Mindestens einen weiteren Band über Maddie und Justin wird es noch geben, aber ich habe keinerlei Motivation diese Geschichte weiterzulesen.
Wer einen romantischen Liebesroman lesen möchte, kann hier auf jeden Fall zugreifen. Wer sich aber einen spannenden Science-Fiction-Roman mit einem vorstellbaren Zukunftsszenario erhofft, wird enttäuscht werden. Man kann sich zwar vorstellen, dass das Leben sich in diese Richtung entwickeln könnte, aber die erdachte Welt dient in diesem Fall leider nur als Kulisse.

Einen Stern bekommt das Buch von mir für die großartige Idee, und einen zweiten für die ersten Kapitel, die wirklich spannend und interessant waren.
 


Mehr Rezensionen von D. Eisenhart