Bernd Perplies Carya-Trilogie 3
Das geraubte Paradies
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»Das geraubte Paradies« (Carya-Trilogie 3) von Bernd Perplies
Carya, Jonan und Pitlit haben Frankreich verlassen und befinden sich nun auf dem Weg in die Schweizer Alpen, in der sie die Schwarze Zone, und somit auch Caryas Heimat, vermuten. Ihre Reisegruppe mit der sie unterwegs sind, wird jedoch von Straßenräubern überfallen. Die drei werden bei dem Hinterhalt von ihren Begleitern getrennt und flüchten sich in die Wildnis. Dort machen sie die Bekanntschaft des alten Soldaten Denier, der mit seiner rund achtjährigen Tochter Elje, verborgen in einem Haus im Wald lebt. Da Denier sterbenskrank ist, überantwortet er seine Tochter an Carya, Jonan und Pitlit. Als die Straßenräuber erneut auftauchen, opfert Denier sein Leben, damit die vier fliehen können. Nach einigen unliebsamen Zwischenfällen erreicht die Gruppe tatsächlich die Randgebieter der Schwarzen Zone. Bei dem Versuch in diese einzudringen, erscheinen mehrere Fluggeräte und nehmen Carya und ihre Freunde unter Feuer. Carya und Pitlit werden gefangen genommen, der schwer verletzte Jonan und die kleine Elje können entkommen. Sie flüchten sich in das Tal, in der sich die versammelten Armeen des Mondkaisers und die Truppen von Arcadion versammelt haben. Als flüchtiger Verräter, wird Jonan umgehend verhaftet und soll, nach dem Willen von Großinquisitor Aidaon, nach Arcadia zurück gebracht werden.
Unterdessen wird Carya in der Schwarzen Zone untersucht und verhört. Sie erfährt die Gründungsgeschichte des Refugiums und der Erdenwacht und lernt die dort herrschenden Umstände und Bewohner besser kennen. Schon bald erfährt sie, dass dort nicht alles eitler Sonnenschein ist und das es auch innerhalb der Erdenwacht zwei miteinander konkurrierende Gruppen gibt. Die eine will den Status Quo erhalten und unter allen Umständen eine Weiterentwicklung der restlichen Zivilisation, durch geschicktes Eingreifen und Manipulation der herrschenden Klasse, verhindern. Zu groß ist ihre Angst, der Sternenfall könnte sich wiederholen und die Welt erneut in ein Chaos stürzen. Die andere möchte hingegen die noch vorhandenen Errungenschaften der Erdenwacht dazu einsetzen, um wieder etwas Zivilisation und Fortschritt in der Welt zu verbreiten und somit das momentan noch dunkle Zeitalter endgültig beenden. Für Carya, die zwischen allen Stühlen sitzt, ist das eine schwierige Situation. Sie muss sich entscheiden, welche Gruppe sie unterstützen will. Die Zeit drängt, denn drei Armeen von außerhalb stehen bereit, die Schwarze Zone zu stürmen und mit Gewalt eine Änderung herbeizuführen.
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Von Dreien die auszogen die Welt zu ändern , so könnte die Überschrift über den All-Ager aus der Feder von Bernd Perlies auch heißen. Wobei man Carya, Jonan und Pitlit jedoch zu Gute halten muss, dass dies gar nicht ihre ursprüngliche Absicht gewesen ist, als sie Hals über Kopf ihre damalige Heimat Arcadion verlassen mussten. Aber, wer weiß schon genau wohin der Weg ihn führen wird? Aus der Suche nach der Heimat und der Herkunft von Carya, hat sich eine unfreiwillige Mission ergeben, die mit nichts geringerem als dem Sturz der Erdenwacht geendet hat. Und, ohne zuviel zu verraten, einer Mission, die noch mit einem lupenreinen Happy End aufwarten kann.
Auch wenn sich der All-Ager an vielen Stellen nicht so anspruchsvoll wie ein Erwachsenenbuch liest, weiß er dennoch durch seine Frische und Ungezwungenheit zu überzeugen. Eine locker erzählte Geschichte, oftmals sehr spannend, aber auch ein wenig anrührend. Wenn etwa Denier seine Tochter Elje, die bis auf ihren Vater alle Menschen verloren hat, in die Obhut von Carya gib und Elje den Tod ihres Vater miterleben muss, dann fällt auch mir das Schlucken schwer. Das sind dann jene Momente, in denen es „menschelt“ und einem die eigene Vergänglichkeit bewusst wird, - in dem das Buch den bloßen Status einer „tollen Abenteuergeschichte“ hinter sich lässt und zu etwas ganz ernsthaftem und erwachsenem wird.
Das politische Intrigenspiel der herrschenden Klasse, das der Leser bereits aus dem Vorgängerband kennt, wird von Perplies beibehalten und strikt weitergeführt. Der vermeintliche Krieg für den sich alle rüsten, Arcadia Seite an Seite mit dem Mondkaiser gegen die Armeen des Ketzerkönigs, entpuppt sich als geschickte List aller daran Beteiligter. Während die Erdenwacht diesen Krieg befürwortet, um die Mächte Frankreich, Italien und Deutschland/Österreich klein zu halten, haben diese bereits, mit Hilfe von Paladin Alecander, die Manipulationen der Erdenwacht durchschaut und als gemeinsamen Gegner ausgemacht. Die versammelten Armeen sollen sich nicht gegenseitig bekämpfen, sondern vielmehr die Erdenwacht selber. Der Feind meines Feindes ist mein Freund lautete die Devise. Was man jedoch unterschätzt, ist die Gefährlichkeit der Erdenwacht, in deren Bunker immer noch eine Atombombe gelagert ist.
Genauso gespalten wie die Erdenwacht ist auch Carya. Der unterschwellig brodelnde Konflikt in der Erdenwacht, den Befürwortern des Status Quo und deren Gegnern, bricht nach Caryas Erscheinen offen aus. Eine bereits existierende Rebellengruppe „kidnappt“ Carya und manipuliert ihr Schläferprogramm, das sonst immer nur in bestimmten Situation aktiviert wird. Durch diese Manipulation werden Caryas Fähigkeiten enorm gesteigert und sind nun permanent vorhanden, anstatt sich immer nur in gefährlichen Situation zu entfalten. Das macht sie zu einem wertvollen Mitglieder der Rebellengruppe. Ihre Entscheidung dieser beizutreten, wird auch durch die Art und Weise wie die „Normalgeborenen“ mit den Invitros, diese werden als bessere Sklaven behandelt, umgehen.
Der Konflikt der die Erdenwacht entzweit, bezüglich der Aufrechterhaltung des Status Quo, ist vordergründig nachvollziehbar. Stellt man seine wissenschaftlichen, technischen und medizinischen Möglichkeiten den Überlebenden zur Verfügung, könnte damit alsbald ein neuer Krieg heraufbeschworen werden. Männer wie Aidalon scheinen nur auf solch eine Gelegenheit zu warten. Allerdings sollte eine mögliche Fehlbarkeit einzelner Menschen generell nicht dazu dienen, der Allgemeinheit die so dringend benötigte Hilfe zu verweigern. Die Aufgabe der Erdenwacht sollte darin bestehen, die Zivilisation für alle greifbar werden zu lassen und wahnwitzige Herrscher, sowie Querulanten und Egoisten an die Kandarre zu nehmen. Aber wie soll das funktionieren, wenn der Rat der Erdenwacht zum Teil aus eben solchen Egomanen besteht? Die Rebellion kommt nicht von ungefähr.
Der einzige kleine Wehmutstropfen im Buch ist für mich die Schilderung der Organisation der Erdenwacht - wie sie entstanden ist, was sie als ihre Aufgaben ansieht und ihr gegenwärtiger Status. Allerdings ist das weniger die Schuld des Autors, sondern eher ein Problem der Summe meiner bis dato angehäuften Erwartungen. Ich hatte mir die Erdenwacht als eine wesentlich umfassendere und substantiellere Organisation vorgestellt und nicht als ein Überbleibsel vom Krieg Verschonter in den Höhen der Schweizer Alpen. Meine Erwartungen lagen eher im Bereich einer Gruppe, die sich auf einer Raum- oder gar Mondstation befindet. Einer Station, von der man die ganze Erde überblicken und die man nur in den so oft erwähnten Raketenflugzeugen erreichen kann. Als umso enttäuschender für mich entpuppt sich die Erdenwacht dann als eine Gruppe elitärer Sonderlinge, die untereinander uneins sind und sich nur mit Hilfe eines Agenten- und Spitzelnetzes über die Zustände auf der Erde auf dem Laufenden halten. Dennoch schmälert das in keinster Weise den Gesamteindruck des Buches.
Fazit:
Volle Punktzahl nicht nur für das vorliegende Buch Das geraubte Paradies , sondern für die komplette Trilogie. Bernd Perplies hat eine absolut spannende, interessante und abwechslungsreiche Geschichte geliefert. Als Zielgruppe kommt hier wirklich jedes Alter in Betracht. Die Charaktere wissen zu überzeugen, sind liebevoll ausgearbeitet und wachsen an ihren Aufgaben. Wem die Carya Abenteuer gefallen haben, dem kann ich auch Perplies Trilogie Magierdämmerung ans Herz legen.