Sarban
Der Puppenmacher
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»Der Puppenmacher« von Sarban
Nachdem Joerg Kaegelmann mit Frank Festa bereits einen Fachmann fuer Übernatürliche Literatur verpflichtet hat, und die Edition Metzgerstein fürderhin im Rahmen des Blitz Verlages fortgeführt wird, ist nun mit Frank Rainer Scheck ein weiterer Spezialist an Bord des aufstrebenden Verlages gekommen.
Meisterwerke der Phantastik heisst die Reihe, die unter seiner Äguide vergessene Perlen der phantastischen Literatur erstmals dem deutschen Leser zugänglich machen soll.
Den Auftakt bildet einer der wenigen Erzählungen des englischen Diplomaten und Botschafters John William Wall. In dem sehr informativen Nachwort des Herausgebers erfahren wir unter Anderem, dass das Britische Empire es gar nicht gerne sah, wenn einer seiner Repräsentanten sich literarisch unterhaltend betätigte. Erst in den 70er Jahren, nach Beendigung seiner Diplomatischen Laufbahn lüftete er sein Pseudonym. Im Blitz Verlag werden nach und nach die wenigen literarischen Veröffentlichungen Sarbans und auch die im Nachlass des Autors gefundenen Geschichten publiziert.
Erzählt wird die Geschichte der 18 jährigen Clare. Wir lernen die junge Dame als typisch englische Internatszöglin kennen. Im letzten Jahr widmet sie sich der Vorbereitung aus die Stipendiumklausuren für Oxford. Angesichts ihrer Probleme in Latein kommt es gelegen, dass im Nachbaranwesen eine Malerin residiert, die ihr Nachhilfeunterricht erteilen kann. Der ebenfalls meist anwesende Sohn des Hauses zieht sie in seinen Bann. Nicht nur, dass er ein gutaussehender Jüngling ist, er hat Charisma, weiss faszinierend zu erzählen, ihn umgibt auch eine Aura des Geheimnisvollen, des Mystischen. Hals über Kopf verliebt sie sich in ihn, ja stimmt zu, dass er einen Magischen Bann über sie spricht. Dann weiht er sie in sein grosses Geheimnis ein; er schnitzt täuschend lebensecht wirkende Puppen, die er in seinem Bonsaigarten aller Sorgen ledig vergnüglich Feste feiern lässt. Warum aber nahm er Clare Blut ab, warum stellen die Puppen alle erst kürzlich Verstorbene dar, wie bewegt er seine Geschöpfe, und warum hat Clare ein solch ungutes Gefuehl, als er anfängt auch von ihr eine Marionette zu fertigen?
Wie alle wirklich guten Autoren der Phantastik beginnt auch Sarban seine Geschichte in der seinen Lesern bekannten realen Welt. Mehr noch, er siedelt seine Erzählung in einer der konservativsten typisch britischen Einrichtungen an, die man sich vorstellen kann - in einem Internat. Weder die Lehrmethoden noch die Behandlung der Schüler haben sich nach Jahrzehnten verändert, manchmal scheint die Zeit stillzustehen. In diese knochentrockene, fest in der Realität wurzelnde Welt bricht nun das Übernatuerliche fast behutsam ein. Sarban versucht auch nicht uns die Magie zu erklären, uns mit Beschwörungsriten zu verschrecken. Nein, keine minutiöse Erklärung des "wie", statt dessen und das wirkt viel überzeugender bangen wir mit Clare, ob und auf welche Art und Weise sie dem drohenden Schicksal entgehen kann. Sarban ist ein Autor, der auf leisen Sohlen daherkommt. Charakterstudien, die Zeichnung seiner Personen nimmt bei ihm breiten Raum ein. Dabei ist er aber gleichzeitig ein Schriftsteller, der sich kurz und prägnant fasst. Bewusst wählt und setzt er seine Worte mit Bedacht, nie eines zuviel, nie ein Unnötiges - jedes hat seine Bedeutung. Hierzu darf ich auch auf die meines Erachtens vorzügliche Übersetzung von Andreas Diesel hinweisen. Alles in Allem liegt mit diesem Band eine überaus gelungener Auftakttitel vor, der den Wunsch nach weiteren Entdeckungen und auch weiteren Sarban-Werken weckt.