Robert Corvus
Drachenmahr
Buchlisten
»Drachenmahr« von Robert Corvus
Bereits im Prolog lernen wir „das Mädchen“ kennen. Inmitten einer schon verloren geglaubten Schlacht bringt sie „ihn“ in die Kathedrale. Wir lernen bald, wer „er“ ist und was es mit dem Mädchen auf sich hat.
Die weitere Geschichte spielt viele Jahrzehnte später und wird ganz aus der Sicht von Zarria erzählt, die erst kürzlich zum Leutnant der Stadtgarde von Koda ernannt wurde. Die Stadtgarde soll Koda vor den Geistern der Gefallenen schützen, die in das Leidende Land einfallen und die Bauern bedrängen. Schutz bieten nur die Draken, die Kinder des DRACHEN, der gefesselt in der Kathedrale liegt. Sie ernähren sich allerdings von den Albträumen der Menschen, die so einen hohen Preis für ihren Schutz zahlen müssen. Ein fragiles Gleichgewicht herrscht in der Stadt, die von den Mitgliedern der sieben Hohen Häuser regiert wird. Dann wird der Bruder des Patriarchen, der Obrist der Draken getötet. Zarria soll helfen, den Mord aufzuklären. Nach und nach enthüllt sie ein komplexes Intrigenspiel um Macht und Herrschaft, das verwoben ist mit dem Schicksal des Drachen und seiner Meisterin, des Mädchens Josefa, das inzwischen alt geworden ist.
Kommentar
Wir werden in diesem Buch geradewegs in die Geschichte geworfen. Drachenmahr spielt an nur einem Ort, der Stadt Koda. Alles ist hier konzentriert. So können wir in dieser Geschichte alle Aspekte des Daseins auf engstem Raum erleben. Vorne im Buch ist eine Karte der Stadt und ihrer engsten Umgebung. Schon beim Anschauen hat man das Gefühl, dass die Bewohner in ihrer Stadt gefangen sind. Das Leidende Land umgibt sie und dies ist wiederum umgeben von den Mooren, in denen die Geister der Verstorbenen hausen. Wir können fast spüren, wie diese Situation an den Bewohnern zehrt. Sie können die Stadt nicht verlassen und sind den Draken hilflos ausgeliefert, die sie im Austausch für ihren Schutz vor den Geistern mit ihren Albträumen "füttern" müssen. In diesem fast klaustrophobischen Setting sind Intrigen und Machtkämpfe konzentriert und intensiv spürbar und gut beschrieben. Parallel zu der Tötung eines der mächtigsten Männer der Stadt und damit des Zerfalls des fragilen Gleichgewichts der Macht innerhalb der Stadt wächst die Bedrohung durch die Geister, die die Stadt von außen angreifen. Die Handlung schließt am gleichen Ort, an dem sie im Prolog begann – in der Kathedrale, in der einst der Drachen gefangen wurde.
Die wichtigen Hauptfiguren sind für den Leser gut wahrzunehmen. Sie sind nicht immer sympathisch, aber geradlinig gezeichnet und tragen die Handlung nachvollziehbar. Ich mag Autoren, die sich etwas Neues gerade zur Magie in ihren Büchern einfallen lassen. Robert Corvus ist dies mit seinen Glasfiguren gut gelungen. Und ich mag Autoren, die das in der Fantasy übliche Nutzen des Mittelalters mal etwas aufbrechen. Das ist hier mit der in Koda beheimateten Religion und deren Repräsentanten auch gut gelungen.
Fazit
Die Geschichte wird stringent erzählt und liest sich flüssig. Am Ende ist alles Notwendige gesagt und jeder Handlungsstrang abgeschlossen. In einer Zeit, in der viele Fantasy-Autoren meinen, auch den normalsten Geschichten unbedingt mindestens drei Bände abringen zu müssen, macht mir dies den Autor sympathisch.