Meyer, Kai Wellenläufer Trilogie 1
Die Wellenläufer
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»Die Wellenläufer« (Wellenläufer Trilogie 1) von Meyer, Kai
Kai Meyer dem Leser phantastischer Literatur vorzustellen, das hiesse Eulen nach Athen zu tragen. Zu seinen Romanhighlight´s zählen DAS HAUS DES DAEDALUS, DIE ALCHIMISTIN und DIE GEISTERSEHER.
In den vergangenen zwei Jahren legte er im Loewe Verlag dann neben seiner Jugendbuchreihe um die „7 magischen Siegel“ seine Merle-Trilogie auf - drei Romane für jung und alt, die binnen kürzester Zeit Bestsellerstatus erreichten. Nachdem der Wechsel von seinem bisherigen Hausverlag Heyne zu Lübbe uns dieses Jahr eine kleine Pause an Romannovitäten versprach kam nun - für mich recht überraschend - der Auftaktband einer neuen Trilogie bei Loewe heraus.
Um was geht es diesmal? Hatte Kai Meyer seine Merle Trilogie in einer phantastischen Version Venedigs angesiedelt, und seine Leser von dort aus auf eine wahre „Tour de Force“ an surrealen Handlungsorten und unglaublichen Wesen mitgenommen, so entführt er uns diesmal in die Karibik. Historische Kulisse ist diesmal die grelle, faszinierende Welt der Piraten im 18. Jahrhundert. Wer kennt und schätzt sie nicht, die Freibeuter der Meere, den roten Korsaren oder die Schatzinsel. Verbinden wir mit diesen Titeln nicht unvergessene Stunden voller Abenteuer und Exotik? Kai Meyer nutzt dieses Szenario gekonnt als seine Kulisse. Was auf den ersten, flüchtigen Blick so aussieht, wie wir das von unzähligen Hollywood Filmen gewohnt sind, das unterscheidet sich bei näherer Betrachtung im Detail doch beträchtlich von den Kinoleinwand-Vorbildern.
Vor rund 14 Jahren öffnete sich ein Tor -eine magische Kraft entschlüpfte, Kinder, die kurz nach diesem Ereignis geboren wurden waren mit gar sonderbaren Gaben ausgestattet. Die sogenannten Quappen können über Wasser gehen - man kann sich vorstellen, was dies für Piraten bedeutet! Quappen konnten über die See einfach zum gegnerischen Schiff hinüberlaufen, und Bomben in die Geschützluken werfen. Eine Jagd nach den wenigen Kindern setzte ein. 14 Jahre später weiss man nur noch von einer Quappe, unserer Protagonistin Jolly, die als Vollmitglied unter dem Kommando Kapitän Bannon fährt. Doch eine dunkle Kraft macht sich bemerkbar - ihr Schiff wird angegriffen, die Besatzung verschwindet spurlos, sie selbst kann sich mit Not auf eine unbekannte Insel retten, auf der sie einen Jungen kennen lernt. Munk entpuppt sich als begnadeter Beschwörer von Magie, Quappe und Herrscher über die Geister. Angeleitet vom mysteriösen Geisterhändler beginnen sie ihren langen, gefahrvollen Weg zur künstlichen Insel Aelenium. Es gilt nicht nur die Verfolgung des Piratenfürsten und den Angriff der spanischen Armada zu überstehen, auch Klabautermänner und weitere Wesen des Mahlstroms lauern unseren Helden auf.
Kai Meyer mischt hier sehr geschickt Versatzstücke des unterschiedlichsten Genres. Aufbauend auf Motiven des Piratenromans mit seiner Segelschiffromantik und dem Pulvergeruch der Breitseiten einander bekämpfenden Schiffsarmadas mischt er sehr geschickt seine eigenen bizarren und phantastischen Kreationen. Eine Schiffsbesatzung oder willfähige Erntehelfer aus den versklavten Geistern Verstorbener, ein Pitbullmann, eine Gallionsfigur als sprechendes Orakel - das sich später als vorlauter Holzwurm entpuppt -, ein riesiger Seestern als Stadtähnliches Gebilde bewohnt von Rochen fliegenden Kriegern - man sieht, an Phantasie und Einfällen mangelt des Meyer wiederum nicht.
Die Handlung ist rätselhaft und spannend, wenn wir auch von der angedeuteten grossen Gefahr durch den Mahlstrom, der einer Bedrohung aus einer anderen Welt den Zugang zu unserer Erde ermöglichen soll, noch nicht sehr viel bemerken können. Mnaches wird angedeutet, die Seiten verströmen das Gefühl drohenden Unheils ohne dieses klar zu definieren. Unsere jugendlichen Protagonisten bieten sich als sympathische Identifikationsfiguren an, es gibt jede Menge interessanter und geheimnisvoller Gestalten und deren Motivation, die meist vielschichtiger ist als zunächst geglaubt, zu entdecken. Nichtsdestotrotz war ich persönlich von Merle, der fliessenden Königin und den fliegenden steinernen Löwen mehr gefesselt und gepackt. Dies mag damit zusammenhängen, dass das Setting der Lagunenmetropole einfach geheimnisvoller wirkt als der weite, offene Ozean, dass die Figuren noch unwirklicher und doch glaubwürdiger - ein Widerspruch in sich selbst - auf mich wirkten. Das soll nun aber nicht heissen, dass es Meyer nicht gelingen würde mich zu packen und an die Seiten zu fesseln. Insofern heisst es: fertig machen für das grosse Abenteuer, den Jolly Roger gehisst, Enterhaken bereitgelegt, die Leinen los, setzt Segel auf geht es in das grosse Piratenabenteuer.