Lincoln Child
Frequenz
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»Frequenz« von Lincoln Child
Der Enigmatologe Jeremy Logan wird an das renommierte Lux Institut berufen . Direktor Olafson, sein früherer Vorgesetzter, bittet ihn um Hilfe bei der Klärung des Selbstmordes des Wissenschaftlers Willard Strachey. Zuerst sieht es wie ein simpler Fall von Geistesgestörtheit aus, aber als Logan tiefer in die Vergangenheit des Lux vordringt, wird schnell klar, dass der Think Tank ein jahrhundertealtes Geheimnis birgt. Ein Geheimnis, dass die Geister der Vergangenheit wieder auferstehen zu lassen scheint.
Das Cover ist in einem dunklen Blauton gehalten, der nach unten hin immer dunkler wird, bis er in einem bodenlosen Schwarz endet. In der Mitte prangt der Ausschlag einer Frequenz. In seiner Einfachheit finde ich es wunderbar zu Titel und Inhalt des Buches gewählt. Ich hätte mir kein schöneres, oder treffenderes Bild für dieses Werk vorstellen können.
Lincoln Child kenne ich als Autor, der sich gerne an der Grenze zum Übernatürlichen aufhält. Oder auch schon mal einen Schritt darüber hinausgeht. In seinem neuen Werk wird aus dem Schritt eher ein gewaltiger Sprung, denn er entführte mich in eine Welt, die mir eine Gänsehaut verursachte und mich vor Schatten zusammen zucken ließ. Für mich ist es eins seiner intensivsten und unheimlichsten Romane und gefiel mir dementsprechend außerordentlich gut.
Von der ersten Seite an war mir klar, dass hier etwas Großes auf mich wartet. Child baute gekonnt die Spannung auf, so dass ich das Buch einfach nicht mehr zur Seite legen konnte. Die recht kurzen Kapitel erhöhten den Wunsch, nur noch eins zu lesen. Und noch eins. Und so flogen die Seiten dahin, bis es beendet war. Für meinen Geschmack hätten es ruhig noch hundert oder zweihundert Seiten mehr sein können, da der Autor mit meiner Phantasie spielte und sie zu Höchstleistungen anspornte.
Jeremy Logan, seines Zeichens Enigmatologe, erforscht Dinge im Grenzbereich: Er geht der Sage von Loch Ness nach, versucht Geister zu beweisen und das Unerklärliche erklärbar zu machen. Dabei entlarvt er keinen, möchte keinen enttarnen, sondern einfach nur das Sein an sich klären. Wenn es Nessi gibt, muss es auch eine Spur von ihr geben. Und wenn Menschen, in diesem Fall renommierte Wissenschaftler, Stimmen hören, muss es auch dafür eine Erklärung geben. Dass Child ein uraltes Gebäude als Schauplatz wählt, das mit seinen jahrhundertealten Wänden eh schon unheimlich wirkt, vertiefte das Empfinden des Unwohlseins bei mir enorm. Ich konnte mich in dieses kühle und düstere, trotzdem moderne Gebäude ohne Probleme versetzen und es mit Logan erforschen. Vor meinem inneren Auge ließ der Autor das Gemäuer entstehen mit all seinen fantastischen inneren Erfindungen.
Doch nicht nur die Umgebung schildert der Autor gekonnt, auch seine Protagonisten sind einfach grandios . Dank ihnen wirkt das Buch erst lebendig, bekommt Schwung und Tiefgang.
Natürlich gefiel mir der smarte und selbstbewusste Jeremy Logan sehr gut. Sein Beruf, oder besser seine Berufung als Enigmatologe, ist sein Leben. Er ist ein Mensch, der dazu geschaffen ist, Rätsel zu lösen und dem Unerklärlichen auf den Grund zu gehen. Für mich vereint er Mulder und Scully in einer Person und von beiden natürlich das Beste. Er bewahrt sich die Offenheit für alles und geht doch mit gesundem Misstrauen an seine Forschung. Wenn so viele Menschen an Geister glauben, ja sogar welche gesehen haben, warum soll, darf es dann keine geben? Logan ist mutig, zielorientiert, steht mit beiden Beinen auf dem Boden und trägt doch eine weiche und verletzliche Seele in sich. Eine schöne Mischung, die ihn für mich authentisch machte.
Ohne die anderen Protagonisten wäre das Buch allerdings nur halb so interessant. Die Menschen, die im Lux, in dem ältesten Think Tank der USA leben und arbeiten, sind ein ganz besonderer Schlag. Viele Berufe kannte ich noch nicht mal dem Namen nach und fand es spannend, wie Child sie in einfachen Worten beschrieb und mir nahe brachte.
Für mich muss ein gutes Buch Handlung und Charaktere haben . Beides soll miteinander agieren und sich gegenseitig tragen, ohne dem einen Vorrang zu geben. Lincoln Child trifft wie immer genau das richtige Maß. Ein toller Autor, dessen Bücher einfach Lust auf mehr machen!
Mein Fazit
Um es kurz zu machen: Grandios!