J. H. Praßl
Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 5: Siralen Befendiku Issirimen. Neuland: (High Fantasy)
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»Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 5: Siralen Befendiku Issirimen. Neuland: (High Fantasy)« von J. H. Praßl
Inhalt:
Al'Jebal schickt seine Flotte, unter dem Kommando von Chara Pasiphae-Opoulos, los, um Verbündete jenseits der Grenzen der bekannten Welt zu finden. Obwohl sich viele Länder und Völker der Allianz angeschlossen haben, steht zu befürchten, dass die Anhänger der Ordnung in diesem dritten und letzten Krieg gegen das Chaos unterliegen werden.
Es handelt ich um die größte Flotte mit mehr als tausend Schiffen, welche die bekannte Welt je gesehen hat und sie macht sich auf, über den Rand der bekannten Welt zu segeln. An Bord befinden sich Gelehrte, Militär, Zauberkundige, Handwerker, Assassinen, Heiler, Priester und Piraten aus den verschiedensten Völkern der bekannten Welt.
Chara ist als Flottenoberkommandantin denkbar ungeeignet. Sie ist eine Einzelgängerin, fügt sich keinen Regeln und möchte stets ihren Kopf durchsetzen. Doch jetzt ist Zusammenarbeit, Taktgefühl, Zusammenhalt und Vertrauen gefragt. Schon bald kommt es zu Spannungen innerhalb des Kommandos. Dazu kommen Angriffe der Chaosanhänger, die sich unter die Mannschaft gemischt haben. Wird es Chara, Siralen und Lucretia gelingen, das Land jenseits des Abgrundes zu finden und neue Verbündete gegen das Chaos zu gewinnen?
Kommentar:
Dieser Band fünft trägt den Titel Siralen Defendiku Isserimen und da zu Recht. Für mich ist sie die Figur, welche den meisten Raum einnimmt und die größte Wandlung durchmacht.
Ich hatte bedenken, dass ein Band, der lediglich von einer Schiffsreise erzählt, langatmig oder langweilig werden wird. Aber das Autorenduo schafft es, das Niveau und die Tiefe der bisherigen Bände zu halten und sogar zu steigern.
Drei starke Frauen stehen in der Kommandostruktur ganz oben. Siralen wird zu Kommandantin des Heeres ernannt und vertritt die Elfen. Sie hat einen schweren Stand, denn das Heer besteht fast ausschließlich aus Menschen, die sich nicht von einer Elfe kommandieren lassen möchten. Nicht viele denken so wie Chara
Zitat: "Der, der sich selbst in seiner Bewegungsfreiheit einschränkt, ist ein Narr, egal aus welchen Gründen er es tut. Und das betraf nicht nur den Zweikampf. Das betraf auch den Kopf, betraf das, woran man glaubte, oder eben nicht glaubte. Intoleranz, die Ablehnung allem gegenüber, was einem fremd ist. Elfen eignen sich nicht zum Kommandanten. Elfen sind abgehoben und weltfremd."
Lucretia L'Incarto steht den Zauberkundigen vor und ebenfalls den Priestern. Lange hat sie sich nach Anerkennung gesehnt, nun bekommt sie eine anspruchsvolle Aufgabe zugewiesen und kann sich beweisen.
Neben dem Oberkommando ist Chara noch verantwortlich für die interne Sicherheit, dafür greift sie auf ihre Assassinen zurück. Die Art und Weise, wie Kerrim und seine Brüder die Dinge handhaben, wird stößt allerdings oft auf heftige Kritik.
Da es sich um einen neuen Abschnitt in der Geschichte handelt und sich die Handlung von Amalea weg verlagert, ist es leider auch so, dass lieb gewonnen Figuren nicht mehr auftauchen. Aber Admiral Tauron, Siralen und der Lichtjäger Lindawen sind ein adäquater Ersatz und lassen den Leser vergessen, dass Charas alte Gefährten nicht mehr dabei sind. Telos begleitet zwar die Priesterschar, spielt aber keine bedeutende Rolle mehr in dem Geschehen.
Dieser fünfte Band bietet unendliche viele Möglichkeiten. Aus Freunden werde Feinde und aus Feinden Freunde. Menschen wandeln sich, stoßen an ihre Grenzen und gehen darüber hinaus. Liebe erblüht in den seltsamsten Konstellationen und bringt Hoffnung.
Anhänger des Chaos infiltrieren das Kommando und Verräter ermöglichen es dem Feind, Anschläge auf die Flotte zu verüben und Misstrauen zu säen. Es ist sehr spannend zu lesen, wie die drei Frauen mit den Herausforderungen umgehen und sich ihnen stellen. Die Dickköpfigkeit Charas, der Charme der Magierin und das stoische Gelassenheit der Elfe. Reicht es aus, um dem Chaos zu begegnen?
Die Betrachtung des Chaos und der Ordnung wird hier auf eine neue Stufe gehoben. Chara hat schon in Band vier in Frage gestellt, ob alles tatsächlich nur schwarz oder weiß sein kann. Ist jemand nicht für die Ordnung, gilt er automatisch als ein Anhänger des Chaos. Aber stimmt dies so? Viele böse Taten wurden im Namen des Guten begangen aber auch Anhänger des Chaos sind durchaus in der Lage, einen Funken Mitleid zu empfinden oder zu lieben. Wo ist die Grenze und wer bestimmt, was Gut und was Böse ist? Auf so engen Raum wie auf einem Schiff kann Chara vor unbequemen Fragen nicht einfach davon laufen und Entscheidungen nur für sich treffen. Zu vieles hängt von dieser Mission ab.
Scheitern, Hoffnung und Wandlung, drei Frauen, drei Wege. Aber sie müssen diesen Weg nicht allein gehen. Ich habe für dieses Buch außergewöhnlich lange gebraucht. Nicht, weil es langweilig oder unverständlich war, sondern weil die Vielzahl an Personen und Handlungen dem Leser alle Aufmerksamkeit abverlangen und die Tiefe und der Sinn mancher Ereignisse nicht sofort ersichtlich sind. Manche Abschnitte habe ich wiederholt gelesen und das Geschehen hinterfragt. Man kann sich den Ereignissen und der Handlung nicht entziehen.Die Geschichte saugt einen auf und die Charaktere ziehen uns unweigerlich in ihren Bann. Seien sie nun gut oder böse. Aber da stellt sich wieder die Frage: Wie definiert man dies und wer legt es fest. Wir, als Außenstehende, sehen die Konflikte mit denen die Charaktere ringen, wie sie sich und ihre Entscheidungen immer wieder in Frage stellen, an sich zweifeln und doch immer weiter voran schreiten. Besonders deutlich wird das durch die Tagebucheintragungen der Elfe und Charas. Die Eintragungen der Elfe in einer zarten und geschwungenen Schrift, welche der Leichtigkeit ihres Volkes entspricht. Charas Schrift klar und fest, auch wenn sie selbst nicht immer gefestigt ist.
Dieser Band beinhaltet viele überraschende Wendungen und ich bin sicher, auch Band sechs wird den Leser wieder überraschen.
Diese Serie kann man nur chronologisch lesen. Die Ereignisse bauen aufeinander auf und die Geschichte sollte im Zusammenhang gelesen werden. Sicher erfordert das einiges an Ausdauer aber der Leser wird mit einer außergewöhnlich spannenden und sprachlich auf höchstem Niveau befindlichen Geschichte belohnt. Die Charaktere sind glaubhaft, teilweise sehr ambivalent und wirken unglaublich lebendig.
Die Illustrationen und das Glossar ergänzen dieses Epos und die Website zu den "Chroniken von Chaos und Ordnung" liefert erstaunlich viel Hintergrundmaterial zur Geschichte der Welt, ihrer Entwicklung, ihren Völkern und ihrer Politik und zu den einzelnen Charakteren. In dieser Fülle findet man das als Leser wirklich selten. Man merkt, wie viel Mühe und Liebe das Duo in jedes Detail steckt und wie ausgefeilt die Charaktere sind.
Fazit:
Eine der besten Fantasy Serien der letzten Jahre. Judith und Heinz Praßl brauchen sich hinter niemandem verstecken, sie haben eine großartige Welt geschaffen und sie uns überzeugend vermittelt. Mehr davon.