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Hoffman, Mary

Stravaganza - Stadt der Masken


 
»Stravaganza - Stadt der Masken« von Hoffman, Mary


Besprochen von:
 
Carsten Kuhr
Deine Wertung:
(5)

 
 
Jedes Halbjahr wird ein Buch des laufenden Programms als Schwerpunkttitel besonders herausgestellt. Zur Buchmesse hat der Arena Verlag diesmal einen phantastischen Venedig-Roman für diese Ehre auserkoren.
Bereits äusserlich kommt uns das Werk aufsehenerregend entgegen. Der Umschlag ist im Prägedruckverfahren unter Verwendung unterschiedlicher Materialien hergestellt, die Augen der abgebildeten Maske sind ausgespart, auf dem Buchdeckel dann sind die Augen ausgeführt. Ein publikumswirksamer Blickfang, der auf den Inhalt neugierig macht.
Wenn man hört, dass es sich um einen phantastischen Venedig-Roman handelt, dann kommt mir sofort ein anderer Venedig Plot ins Gedächtnis. Kai Meyer´s Merle Trilogie. Auch Meyer hat uns in seinen Bestseller Titeln ein phantastisches Venedig präsentiert, wenngleich er seine Handlung bald aus der Lagunenstadt in andere Gefilde verlagert hat.
Mary Hoffman geht wiederum andere, eigene Wege. Hauptperson ihrer Handlung ist Lucien, ein an Krebs erkrankter Junge aus dem heutigen London. Als ihm sein vater eines Tages ein marmorisiertes Tagebuch mitbringt, soll sich sein Leben ändern. Mit Hilfe des Buches vermag sich der todkranke Junge im Schlaf in eine andere Dimension zu versetzen. Er gelangt in ein Venedig des 17. Jahrhunderts, das sich von unserer geschichtlichen Lagunenstadt beträchtlich unterscheidet. Ganz Talia wird von der mächtigen Familie der Chimici´s beherrscht. Ganz Talia – nein, Bellezza, die Stadt der Kanäle widersetzt sich dem Streben der Chimici´s erfolgreich, sie in das Reich einzuverleiben. Regiert von der Duchessa ist die reiche Metropole den Herrschern Talias ein Dorn im Auge. Lucien weiss zunächst nicht, wo er sich wiederfindet. Plötzlich hat er seine, während der Chemotherapie verlorenen Haare wieder, fühlt sich gesund und munter. Dass er ausgerechnet an dem einen Tag die Stadt das erste Mal besucht, an dem jedem, der nicht hier geboren wurde der Zutritt unter Todesstrafe untersagt ist erfährt er erst von Arianna. Diese wollte unbedingt Gondoliere werden, doch alles kommt anders, als ursprünglich gedacht. Lucien wird vom Hofmagier der Duchessa als Lehrling angenommen, verhindert ein Mordanschlag auf die Duchessa, wird in die Kreis der Dimensionsreisenden der Stravaganze aufgenommen und wird immer tiefer in die Intrigen und Abenteuer um die politische Unabhängigkeit der Lagunenstadt verstrickt. Als er in seiner Welt stirbt weiss er, dass ein Glück und seine Zukunft ganz in der Stadt der Masken liegt.

Mary Hofmann hat ein Buch verfasst, das nicht nur seine jugendlichen Leser in ihren Bann ziehen wird. Mit viel Liebe für´s Detail präsentiert sie uns ein Venedig, wie wir es uns wünschen. Kein Nepp, keine Umweltverschmutzung und überfüllter Marcusplatz, statt dessen eine geheimnisvolle beeindruckende Metropole voller Glanz und Ausstrahlung. Ihre Protagonisten sind geschickt gewählt. Wir haben die junge, noch unerfahrene Rebellin, die verkarstete Strukturen aufbrechen will, einen Helden, der unvermutet und unvorbereitet in die Situation versetzt wird und die aufrechten Honoratioren ebenso wie die Widersache der Stadt. Obwohl keine grossen Schlachten geschlagen werden, obzwar wilde Kämpfe und Gefechte fehlen nimmt uns die Erzählung gefangen. Wir leiden mit dem krebskranken Jungen mit, wir triumphieren angesichts seiner Siege in Bellezza. Durch seine staunenden Augen erkunden wir die uns in ihrer Lebendigkeit und Schönheit unbekannten Stadt, erleben wir mit, wie er immer tiefer in die Geschehnisse und die Geheimnisse hineingezogen wird. Das der Junge, um letztlich sein Glück zu finden in unserer Welt sterben muss, das ist nur folgerichtig. Ähnlich, wie sich hinter einer Maske das Gesicht verbirgt, so verbergen sich hinter den Buchdeckeln verschiedene Stories. Mit leichter Hand erzählt uns die Autorin mehrere Geschichten über die Selbstfindung ihrer Personen, über Machtkämpfe und über den Prozess des Erwachsenwerdes. Verantwortung für sich und seine Taten zu übernehmen steht hinter der spannenden Handlung, die uns auch äusserlich in einem faszinierenden, sehr gelungenen und neugierig machenden Gewand daherkommt.
 


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