Daniel H. Wilson
Das Implantat
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»Das Implantat« von Daniel H. Wilson
Endlich ist der Wissenschaft eine herausragende Erfindung gelungen: Dank eines Gehirnimplantates kann Epilepsie geheilt werden. Aber nicht nur das; auch andere Gehirnerkrankungen können ausgemerzt und Fehler, wie Blindheit, behoben werden. Doch die Implantate haben eine Nebenwirkung: Sie machen ihre Träger intelligenter, schneller, stärker, kurz zu verbesserten Menschen. Was als Heilung und neue Chance angesehen werden sollte, entwickelt sich in rasender Geschwindigkeit zu einer Bedrohung für die normalen Menschen, die sich als zweitrangig ansehen. Anfangs waren es Demonstrationen, dann Anfeindungen der in Hass umschlug und jetzt droht die Situation zu eskalieren.
Das Cover zeigt die hohe Stirn eines Menschen, der eher einem Roboter ähnelt. Keine Gesichtszüge sind erkennbar, die Augen wirken kalt und starr. Leblos. Eine hohe Stirn wird auch Denker-Stirn genannt. Doch was in diesem Kopf vorgehen mag, erschließt sich erst im Laufes des Werkes. Es passt hervorragend zu Titel und Inhalt des Buches, da es geheimnisvoll wirkt und mich damit sofort in seinen Bann schlug.
Mit Robocalypse ist Daniel H. Wilson ein bemerkenswertes Buch gelungen, aber Das Implantat schlägt es noch um Welten, womit ich nie im Leben gerechnet hätte. Wilson schafft es mit einer kleinen Idee, Großes auszulösen und mich zum Nachdenken anzuregen, ja mich förmlich herauszufordern mit seinen Gedankenspielereien. Er gibt eine Richtung vor, die sich schnell als Selbstläufer herausstellt und ein unheimliches Eigenleben entwickelt. Das menschliche Gehirn und seine Funktionen sind schon immer eins der größten Rätsel und jetzt, jetzt ist den Forschern unglaubliches gelungen, denn sie können Fehlfunktionen ausmerzen. Was zu Beginn als Segen gedacht war, entwickelt sich nach und nach zu einem Fluch. Diese schleichende Entwicklung schildert der Autor unglaublich lebendig, spannend und Action geladen. Aus normalen Menschen werden Kämpfer, die bis an den Rand des erträglichen gehen und sogar einen Schritt darüber hinaus. Spannung baut Wilson nicht auf; sie ist von Anfang an da und steigert sich immer weiter. So extrem, dass ich das Buch einfach nicht aus der Hand legen konnte, bis die letzte Seite verschlungen war.
Die Menschheit spaltet sich in zwei Lager: Die Amps, also die Implantat-Träger und die Normalos. Beide Seiten stehen sich anfänglich mit Misstrauen gegenüber, das immer mehr in Hass umschlägt, da die Anführer der beiden Gruppen Angst sähen. Ich fand es sehr faszinierend zu beobachten, wie sich die Situation immer mehr zu spitzt und in einem Gipfel der Gewalt zu eskalieren droht. Wilson schildert beide Seiten relativ wertfrei und überlässt es seinen Lesern, Stellung zu beziehen. Leichtgefallen ist mir dies nicht. Beide Seiten kann ich sehr gut verstehen und auch die Angst und Unsicherheit, die in ihnen brodelt. Macht korrumpiert und dies wird mehr als deutlich.
Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht der ehemalige Lehrer und Implantat-Träger Owen Gray. Sein Vater entwickelte den neuronalen Autofokus und setzte ihn bei seinem Sohn ein. Angeblich, um ihn von seiner Epilepsieerkrankung zu heilen, doch die Wahrheit ist erschreckend. Owen hat kein normales Implantat erhalten, sondern die militärische Ausführung, die wesentlich mehr Funktionen hat. Allerdings erst, wenn sie aktiviert werden. Daniel H. Wilson erschuf mit Owen einen wunderbaren Protagonisten, der mich ab der ersten Zeile begeisterte. Owen wirkt authentisch und ich konnte ihm und seinen Überlegungen stets folgen. Sein innerer Kampf ging mir nahe und ich konnte seine Qualen nachvollziehen. Seine innere Einstellung ändert sich komischerweise überhaupt nicht, aber er wächst an den Umständen, wird stärker und sein Weltbild ruckt in eine andere Richtung. Sein Lernprozess ist schmerzvoll. Nicht nur für ihn.
An seiner Seite haben andere Charaktere keinen Platz. So dachte ich zumindest. Aber Wilson ist es trotzdem gelungen, sie lebendig und eigenständig zu kreieren. Ob Freunde, oder Feinde, Verbündete oder Gegner, alle agieren gekonnt miteinander und machen das Buch zu einem besonderen Lesegenuss.
Mein Fazit
Ein sehr starker Buch, welches mich zum Nachdenken anregte! Ich liebe Daniel H. Wilson und mit Das Implantat hat er sein herausragendes Können mal wieder unter Beweis gestellt!
Absolut lesenswert!